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Fastenzeit

Aschermittwoch

2/16/2022 (Robert Fischbacher, Überall)

Predigt am Aschermittwoch 2008

 

Glas voll beklebt mit Klebezetteln, die mit Hindernissen beschrieben sind, die das Licht nicht durchlassen, steht auf Ständer vor der Osterkerze oder wird von zwei Ministranten gehalten

 

Glasklare Sauberkeit für unsere Fensterscheiben

versprechen Putzmittel mit dem neuen Aktiv-Fettlöser.

Glasklare Sauberkeit für unser ganzes Leben

wünscht sich Edith Stein,

die 1942 von nationalsozialistischen Machthabern ermordete

und 1998 heiliggesprochene Karmelitin:

Sie schrieb: „Du sollst sein wie ein Fenster,

durch das Gottes Liebe in die Welt hineinleuchten will.

Die Scheibe darf nicht stumpf und schmutzig sein,

sonst verhinderst du das Leuchten Gottes in der Welt.“

 

Durch keinen hat Gottes Liebe so klar und hell in die Welt hineingeleuchtet wie durch Jesus von Nazareth.

Er war das entscheidende Fenster,

durch das Gottes Menschenfreundlichkeit hineingestrahlt hat in das Leben aller, die sich von ihm ansprechen ließen.

 

Heute sind nach Edith Stein wir die Fenster,

die anderen einen Blick auf Gottes Wirken in der Welt ermöglichen sollen;

Fenster, die leider manchmal stumpf und undurchsichtig sind.

 

Für die Reinigung unseres Lebensfensters bietet die Kirche deshalb seit langem drei wirksame Putzmittel an:

Fasten – Almosen –Beten.

Gerade in der Zeit vor Ostern legt sie uns diese Mittel besonders ans Herz.

 

Fasten – der kraftvollste Aktiv-Fettlöser für Leib und Seele:

Wenn wir uns beim Essen und Trinken,

bei unseren Aktivitäten,

bei unseren Gedanken und Worten

auf das Wesentliche und Notwendige konzentrieren,

bekommt unser Leben wieder klare Konturen,

ein unverwechselbares Profil.

 

R: stellt sich zu Glas und nimmt Zettel der Reihe nach ab und stellt dazu Besinnungsfragen:

 

Fragen wir uns doch mal selbst ein paar Dinge: Lasse ich mich von den Medien berieseln? Muss das sein? Ist es wirklich so schwer, darauf zu verzichten? Auf all den Kram, der im Fernseher läuft? Big Brother, Werbung, Dschungelcamp, Talkshows, Soaps? Wer braucht diesen Käse eigentlich?

Oder bin ich ein Perfektionist? – Habe ich zu hoch gesteckte Ziele? Muss denn immer alles pikobello sauer und perfekt sein? Muss ich immer allen gerecht werden? Geht die Welt unter, wenn ich mal die fünf gerade sein lasse?

Wie schaut es aus mit Zigaretten, Alkohol, Fett, Süßigkeiten. Fällt es tatsächlich so schwer, auf deftiges Essen, das zweite Bier und die Zigarette nach dem Essen zu verzichten?

Oder bin ich träge oder faul? Muss ich denn jeden auch noch so kurzen Weg mit dem Auto fahren? Wie wärs mit einem Spaziergang, runter zum Edeka, oder zum Weiss, zur Post oder zur Bank?

 

Oder bin ich arbeitssüchtig? Gschaftel ich unnögig herum, mische ich mich überall ein? Bin ich denn tatsächlich unersetzlich? Muss ich wirklich immer alles alleine machen? Oder gibt es Kollegen, denen ich Aufgaben übertragen kann? Vielleicht freuen sie sich sogar über die neue Herausforderung?

 

Oder gehöre ich zu denjenigen, die dem Freizeitwahn verfallen sind? Muss wirklich jeden Samstag und Sonntag volles Programm und Freizeitaction angesagt sein? Wie wärs statt dessen mal mit einem faulen Nachmittag auf der Couch?

 

Wer fastet, sein Lebensfenster von unnötigen Fettschichten befreit, kann seine Stärken und Begabungen entdecken

und neu spüren, wie Gott gerade durch uns in der Welt wirken will.

 

Das zweite Putzmittel: Almosen:

Bin ich egoistisch? Denke ich nur an mich selbst?

Habe ich einen Tunnelblick? Sehe ich nur meine eigenen Probleme? Laufe ich mit Scheuklappen durch die Welt?

 

Oder bin ich verschlossen? Teile ich mich mit? Spreche ich über meine Probleme?

 

Bin ich raffsüchtig: Will ich immer mehr, auf Kosten anderer? Bin ich gar habgierig? Oder gönne ich auch Anderen etwas?

 

Was gebe ich eigentlich? Wann habe ich zuletzt jemandem bewusst eine Freude gemacht? Wann habe ich zuletzt jemandem gesagt, dass ich ihn oder sie liebe? Wann habe ich zuletzt jemandem gesagt, dass ich ihn oder sie brauche?

 

Wenn wir bereit sind, uns zu öffnen und loszulassen,

unseren Überfluss mit anderen zu teilen,

werden wir innerlich frei.

Wir lösen uns aus dem Kreisen um uns selbst

und sehen wieder klarer,

wo andere unsere Solidarität und unsere Zuwendung brauchen.

Wenn wir durch unsere Großzügigkeit

unserem Lebensfenster einen frischen Glanz geben,

kann der barmherzige Gott auch durch uns in die Welt hineinstrahlen.

 

Und das dritte Putzmittel: Beten –

Wie verhalte ich mich in Stresssituationen? Bleibe ich gelassen? Stresse  ich herum? Werde ich fahrig oder gar unausstehlich?

 

Kann ich die hohen Feiertage, wie Weihnachten, Ostern oder Pfingsten eigentlich noch genießen? Oder bedeuten sie für mich nur Arbeit, Stress und Pflichterfüllung?

 

Wie organisiere ich meine Termine? Lasse ich Freiräume? Zeitpuffer? Ruhepausen? Zeit für mich?

Erdrückt mich die Verantwortung, die ich trage? Gibt‘s niemanden, der mir helfen kann? Nehme ich Hilfe überhaupt an? Muss ich alles selber machen? Habe ich denn gar kein Vertrauen auf Gott und meine Mitmenschen? Bin ich blind für die Schöpfung und meine Mitmenschen?

 

Wie oft am Tag denke ich eigentlich an Gott?

 

Beten ist der wirksamste Schutz

gegen Hektik und Oberflächlichkeit.

Wenn wir uns bewusst Zeit nehmen fürs Gebet

und vor Gott still werden,

kommen wir unserem Leben auf den Grund.

Wir nehmen die Ziele, die wir uns gesteckt haben,

neu in den Blick,

und wir lassen uns Kraft schenken für die nächsten Schritte.

Wenn wir durch Beten

unser manchmal so stumpfes Lebensfenster aufpolieren,

kann das Wort Gottes, das Orientierung und Hoffnung gibt,

kräftiger in die Welt hineinscheinen.

Die Exerzitien im Alltag jetzt in der Fastenzeit

wollen dabei unterstützen.

 

„Du sollst sein wie ein Fenster,

durch das Gottes Liebe in die Welt hineinleuchten will.

Die Scheibe darf nicht stumpf und schmutzig sein.

Sonst verhinderst du das Leuchten Gottes in der Welt!“

 

Fasten – Almosen – Beten:

Das sind die drei bewährten Mittel

für den jährlichen Frühjahrsputz in unserem Lebenshaus,

drei Fensterreiniger, die uns selbst wieder durchblicken lassen,

und die helfen,

dass die Menschenfreundlichkeit Gottes

neu sichtbar und spürbar wird.

 

(nach Gedanken von Wolfgang Raible aus „Anzeiger für dieSeelsorge)