Predigt am Aschermittwoch 2008
Glas voll beklebt
mit Klebezetteln, die mit Hindernissen beschrieben sind, die das Licht nicht
durchlassen, steht auf Ständer vor der Osterkerze oder wird von zwei
Ministranten gehalten
Glasklare
Sauberkeit für unsere Fensterscheiben
versprechen
Putzmittel mit dem neuen Aktiv-Fettlöser.
Glasklare Sauberkeit für
unser ganzes Leben
wünscht sich Edith Stein,
die 1942 von
nationalsozialistischen Machthabern ermordete
und 1998 heiliggesprochene
Karmelitin:
Sie schrieb: Du sollst sein
wie ein Fenster,
durch das Gottes Liebe in die
Welt hineinleuchten will.
Die Scheibe darf nicht stumpf
und schmutzig sein,
sonst verhinderst du das
Leuchten Gottes in der Welt.
Durch keinen hat Gottes Liebe
so klar und hell in die Welt hineingeleuchtet wie durch Jesus von Nazareth.
Er war das entscheidende
Fenster,
durch das Gottes
Menschenfreundlichkeit hineingestrahlt hat in das Leben aller, die sich von ihm
ansprechen ließen.
Heute sind nach Edith Stein
wir die Fenster,
die anderen einen Blick auf
Gottes Wirken in der Welt ermöglichen sollen;
Fenster, die leider manchmal
stumpf und undurchsichtig sind.
Für die Reinigung unseres
Lebensfensters bietet die Kirche deshalb seit langem drei wirksame Putzmittel
an:
Fasten Almosen Beten.
Gerade in der Zeit
vor Ostern legt sie uns diese Mittel besonders ans Herz.
Fasten der kraftvollste Aktiv-Fettlöser für Leib und
Seele:
Wenn wir uns beim Essen und
Trinken,
bei unseren Aktivitäten,
bei unseren Gedanken und
Worten
auf das Wesentliche und
Notwendige konzentrieren,
bekommt unser Leben wieder
klare Konturen,
ein unverwechselbares Profil.
R: stellt sich zu
Glas und nimmt Zettel der Reihe nach ab und stellt dazu Besinnungsfragen:
Fragen wir uns doch mal selbst ein paar Dinge:
Lasse ich mich von den Medien berieseln? Muss das sein? Ist es wirklich so
schwer, darauf zu verzichten? Auf all den Kram, der im Fernseher läuft? Big
Brother, Werbung, Dschungelcamp, Talkshows, Soaps? Wer braucht diesen Käse
eigentlich?
Oder bin ich ein Perfektionist? Habe ich zu hoch gesteckte Ziele? Muss denn
immer alles pikobello sauer und perfekt sein? Muss ich immer allen gerecht
werden? Geht die Welt unter, wenn ich mal die fünf gerade sein lasse?
Wie schaut es aus mit Zigaretten, Alkohol, Fett,
Süßigkeiten. Fällt es tatsächlich so schwer, auf deftiges Essen, das zweite
Bier und die Zigarette nach dem Essen zu verzichten?
Oder bin ich träge oder faul? Muss ich denn jeden
auch noch so kurzen Weg mit dem Auto fahren? Wie wärs mit einem Spaziergang,
runter zum Edeka, oder zum Weiss, zur Post oder zur Bank?
Oder bin ich arbeitssüchtig? Gschaftel ich unnögig
herum, mische ich mich überall ein? Bin ich denn tatsächlich unersetzlich? Muss
ich wirklich immer alles alleine machen? Oder gibt es Kollegen, denen ich
Aufgaben übertragen kann? Vielleicht freuen sie sich sogar über die neue
Herausforderung?
Oder gehöre ich zu denjenigen, die dem Freizeitwahn
verfallen sind? Muss wirklich jeden Samstag und Sonntag volles Programm und
Freizeitaction angesagt sein? Wie wärs statt dessen mal mit einem faulen
Nachmittag auf der Couch?
Wer fastet, sein
Lebensfenster von unnötigen Fettschichten befreit, kann seine Stärken und
Begabungen entdecken
und neu spüren, wie Gott gerade
durch uns in der Welt wirken will.
Das zweite Putzmittel: Almosen:
Bin ich egoistisch? Denke ich nur an mich selbst?
Habe ich einen Tunnelblick? Sehe ich nur meine
eigenen Probleme? Laufe ich mit Scheuklappen durch die Welt?
Oder bin ich verschlossen? Teile ich mich mit?
Spreche ich über meine Probleme?
Bin ich raffsüchtig: Will ich immer mehr, auf
Kosten anderer? Bin ich gar habgierig? Oder gönne ich auch Anderen etwas?
Was gebe ich eigentlich? Wann habe ich zuletzt
jemandem bewusst eine Freude gemacht? Wann habe ich zuletzt jemandem gesagt,
dass ich ihn oder sie liebe? Wann habe ich zuletzt jemandem gesagt, dass ich
ihn oder sie brauche?
Wenn wir bereit sind, uns zu
öffnen und loszulassen,
unseren Überfluss mit anderen
zu teilen,
werden wir innerlich frei.
Wir lösen uns aus dem Kreisen
um uns selbst
und sehen wieder klarer,
wo andere unsere Solidarität
und unsere Zuwendung brauchen.
Wenn wir durch unsere
Großzügigkeit
unserem Lebensfenster einen
frischen Glanz geben,
kann der barmherzige Gott
auch durch uns in die Welt hineinstrahlen.
Und das dritte Putzmittel: Beten
Wie verhalte ich mich in Stresssituationen? Bleibe
ich gelassen? Stresse ich herum? Werde
ich fahrig oder gar unausstehlich?
Kann ich die hohen Feiertage, wie Weihnachten,
Ostern oder Pfingsten eigentlich noch genießen? Oder bedeuten sie für mich nur
Arbeit, Stress und Pflichterfüllung?
Wie organisiere ich meine Termine? Lasse ich
Freiräume? Zeitpuffer? Ruhepausen? Zeit für mich?
Erdrückt mich die Verantwortung, die ich trage?
Gibts niemanden, der mir helfen kann? Nehme ich Hilfe überhaupt an? Muss ich
alles selber machen? Habe ich denn gar kein Vertrauen auf Gott und meine
Mitmenschen? Bin ich blind für die Schöpfung und meine Mitmenschen?
Wie oft am Tag denke ich eigentlich an Gott?
Beten ist der wirksamste
Schutz
gegen Hektik und
Oberflächlichkeit.
Wenn wir uns bewusst Zeit
nehmen fürs Gebet
und vor Gott still werden,
kommen wir unserem Leben auf
den Grund.
Wir nehmen die Ziele, die wir
uns gesteckt haben,
neu in den Blick,
und wir lassen uns Kraft
schenken für die nächsten Schritte.
Wenn wir durch Beten
unser manchmal so stumpfes
Lebensfenster aufpolieren,
kann das Wort Gottes, das
Orientierung und Hoffnung gibt,
kräftiger in die Welt
hineinscheinen.
Die Exerzitien im Alltag
jetzt in der Fastenzeit
wollen dabei unterstützen.
Du sollst sein wie ein
Fenster,
durch das Gottes Liebe in die
Welt hineinleuchten will.
Die Scheibe darf nicht stumpf
und schmutzig sein.
Sonst verhinderst du das
Leuchten Gottes in der Welt!
Fasten Almosen Beten:
Das sind die drei bewährten
Mittel
für den jährlichen
Frühjahrsputz in unserem Lebenshaus,
drei Fensterreiniger, die uns
selbst wieder durchblicken lassen,
und die helfen,
dass die
Menschenfreundlichkeit Gottes
neu sichtbar und spürbar
wird.
(nach Gedanken von Wolfgang
Raible aus Anzeiger für dieSeelsorge)