Laudes
am 14.07.2019 (Lesejahr C – 15. SiJ)
Eröffnung Lied 81,1-3 (Lobe den Herren)
Begrüßung:
Im Namen des Vaters und des
Sohnes und des Heiligen Geistes!
Rabbi Hillel lebte von ca. 110
v. Chr. bis 9 n. Chr. Er galt als weitherziger, geduldiger Lehrer, der die
Nächstenliebe und Gewaltlosigkeit lehrte und zahlreiche Schüler hatte. Sein
„Gegenspieler“ war Schammai, der die Tora in mancher Hinsicht strenger
auslegte.
Seinen Aussagen nach lässt
sich die Tora in einer „Goldenen Regel“ zusammenfassen.
Auf der Knesset-Menora, also
auf dem 7armigen Leuchter vor dem israelischen Regierungsgebäude, ist diese
Darstellung von Rabbi Hillel zu sehen. Vor ihm steht ein Mann auf einem Bein.
Dies ist die Abbildung der folgenden Geschichte, die Jahrzehnte vor Jesu Geburt
stattgefunden haben soll:
Ein Mann kam zum berühmten
Rabbi Schammai und sagte:
„Wenn du mir die Lehre des
Judentums vermitteln kannst, solange ich auf einem Bein stehe, will ich Jude
werden.“
Der Rabbi dachte an die fünf
Bücher Mose und an all die Auslegungen zu diesen Büchern, die angeben, was
alles wichtig ist, um das Heil zu erlangen. Er musste zugeben, dass es ihm
unmöglich sei, alles in ein paar Sätzen zusammenzufassen.
Darauf ging der Mann zu Rabbi
Hillel mit derselben Bitte. Der antwortete sofort: „Was dir nicht lieb ist, das
tue auch deinem Nächsten nicht. Das ist die ganze Tora und alles andere ist nur
die Erläuterung; geh und lerne sie.“
(Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Hillel)
Kyrie Lied:
Antwortrufe
·
Herr, wir stehen vor dir mit unseren Fehlern
und Schwächen.
Herr, erbarme dich!
·
Herr, wir sind hier, weil wir uns neu
ausrichten wollen auf das, was du sagst.
Christus, erbarme dich!
·
Herr, wir vertrauen darauf, dass du uns immer
wieder annimmst, trotz unseres Scheiterns und unserer Schuld.
Herr, erbarme dich!
Lied 449,1+2 (Herr, wir
hören auf dein Wort)
Evangelium Lk 10,25-37
Auslegung
Jesus geht
über Rabbi Hillel und die gängige Redewendung „Was du nicht willst, dass man
dir tu, das füg auch keinem andern zu“ hinaus:
Jesus fordert:
„Alles, was ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen“.
Immer wieder
sind wir herausgefordert, Mitmensch zu sein. Wir sollen nicht nur nichts tun,
sondern wir sollen das tun, was wir von anderen erwarten.
Jesus erzählt
davon, dass im wahren Leben nicht diejenigen helfen, von denen man es erwarten
dürfte, sondern der Fremdling, der Ungläubige, der eigentlich Verachtete.
Kaltherzigkeit,
Egoismus und Überheblichkeit lassen den Priester und den Leviten an dem
Überfallenen vorbeigehen. Sie kennen die Gebote genau, sie sind mit der Ethik
vertraut. Sie stehen dafür mit ihrem Amt. Und trotzdem handeln sie nicht
danach.
Das kommt uns
fürchterlich aktuell vor. In Zeiten des hunderttausendfachen sexuellen
Missbrauchs durch Priester, der Vertuschung durch kirchliche Behörden und
unerträglichen Fürsprachen für Täter und Demütigung der Opfer sind Parallelen nicht
von der Hand zu weisen.
Denn auch hier
gilt: Sie kennen die Gebote genau, sie sind mit der Ethik vertraut. Sie stehen
dafür mit ihrem Amt. Und trotzdem handeln sie nicht danach.
„Alles, was
ihr von anderen erwartet, das tut auch ihnen“.
Aber auch uns
trifft die Antwort Jesu. Auch wir sehen oft weg, wenn wir uns eigentlich als
Nächster erweisen müssten. Auch wir wägen ab, ob wir zuständig sind, verweisen
gern auf die Profi-Retter, anstatt selbst zu tun, was nötig ist.
Mit Rabbi
Hillels Goldener Regel
„Was dir nicht
lieb ist, das tue auch deinem Nächsten nicht.“
dürfen wir uns
nicht zufriedengeben.
In der
kommenden Woche können wir wieder neu darauf achten, wo wir als Samariter, als
Nächster für unsere Nächsten, gefordert und aufgefordert sind.
- Stille -
Lied 458, 1-4 (Selig
seid ihr)
Fürbitten:
Herr Jesus, du hast uns den Samariter,
den unerwarteten Helfer als Vorbild gegeben. Wir bitten dich:
1. Sei
bei deiner Kirche, damit sie die schädlichen Strukturen verändert, und sei bei
allen Verantwortlichen, dass sie deine Goldene Regel beachten.
Barmherziger Gott: Wir bitten dich,
erhöre uns!
2. Schenke
uns Aufmerksamkeit, damit wir erkennen, wo wir gebraucht werden.
Barmherziger Gott: Wir bitten dich,
erhöre uns!
3. Schenke
uns Mut und Hilfsbereitschaft, damit wir den ersten Schritt der Hilfe wagen.
Barmherziger Gott: Wir bitten dich,
erhöre uns!
4. Schenke
uns einen Nächsten, wenn wir selbst ihn brauchen.
Barmherziger Gott: Wir bitten dich,
erhöre uns!
5. Wir
bitten für unsere Verstorbenen. Du Gott des Lebens, nimm sie auf in deine
Liebe.
Barmherziger Gott: Wir bitten dich,
erhöre uns!
6. Wir bitten
um unsere persönlichen Anliegen (1/2 min).
Barmherziger Gott: Wir bitten dich,
erhöre uns!
Barmherziger Gott, du kennst
unsere Nöte und unsere Schwächen. Du bist auf unserer Seite. Darum bitten wir dich
durch Christus unseren Herrn. Amen.
Lied 455, 1-3 (Alles
meinem Gott zu Ehren)
Vater unser
Segen
Bitten wir Gott um seinen Segen für diesen Tag
und die neue Woche:
Gott segne und behüte uns.
Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen
Geistes.
Schlusslied: 81,5+6
(Lobe den Herren)
Knesset-Menora (Hauptwerk von Benno Elkan (1877–1960)
Hillel lehrt die Goldene Regel